Vorurteile abbauen, Neues kennen lernen, Mitmenschen akzeptieren und respektieren - unter diesem Vorzeichen stand der Besuch der Moschee auf dem Hertener Paschenberg von einer 26köpfigen Gruppe aus Jugendlichen und ihren Betreuern aus dem Bezirk Recklinghausen.
Im GebetsraumSelman Duran auf der KanzelAuf der EmporeIn einem UnterichtsraumIm "Salon"Diskussion beim Tee
Möglich wurde der mehr als zweistündige Besuch mit Führung durch das Gebäude und gleichzeitigem intensivem Gedankenaustausch durch gute Kontakte des Berichtverfassers zum Imam der Gemeinde, Selman Duran. Beide arbeiten gemeinsam in einer interinstitutionellen Arbeitsgruppe der Stadt Herten zusammen, die sich um die Integration von "Mitbürgern mit Migrationshintergrund" bemüht.
Das Neuland wurde im wahrsten Sinne des Wortes mit neuen Gefühlen betreten: "Ziehe deine Schuhe aus", lautete die Eingangsbitte, die so unbekannt nicht ist, stammt sie doch - nach christlichem Verständnis - aus 2. Mose 3, 5.
Die erste Stunde der Begegnung wurde sitzend auf weichem Teppich im Gebetssaal der Moschee verbracht. Selman Duran erklärte dort zunächst die Bedeutung des unbeschuhten Aufenthalts in den Räumlichkeiten: "Wir beten unter anderem mit einer Niederwerfungsgeste, bei der Hände, Stirn, Nase und Zehen den Boden berühren sollen. Es ist einfach ein Gebot der Reinheit - im tatsächlichen als auch im theologischen Sinne -, dies auf unbeschmutztem Boden tun zu dürfen. Außerdem tun wir unseren ehrenamtlichen Reinigungskräften damit einen großen Gefallen, da es die Reinigung von mehreren hundert Quadratmetern Teppichboden enorm erleichtert."
Danach erklärte Selman Duran, der sich zwischendurch auch in liturgischem Gewand präsentierte, ausführlich die baulichen Besonderheiten der Moschee sowie die entsprechende religionsgeschichtliche Bedeutung einiger scheinbaren Nebensächlichkeiten, etwa der Ausrichtung der Gebetsnische gen Osten.
Bereits in dieser Phase des Besuches kam ein angeregtes Gespräch zwischen den Jugendlichen, den Betreuern und dem Gastgeber in Gang. Eine Reihe unterschiedlichster Fragen wurde gestellt und geduldig beantwortet. Gibt es ein geistliches Oberhaupt? Wer leitet die Gemeinde? Wie finanziert sie sich? Wie ist das Rollenverständnis zwischen Männern und Frauen? Wann und wie wird gebetet? Was beinhaltet die Fastenzeit und wie wird sie gelebt? Inwieweit spielen die Bibel und die dortigen Personen eine Rolle im Islam? Details der Fragen und Antworten aufzuzählen, würde jeden Rahmen sprengen.
Nach dem Aufenthalt im Gebetsraum führte Selman Duran die Gruppe durch unterschiedlichste Räume der großzügig angelegten Moschee. So wurde Station gemacht auf der Empore der Moschee, in Unterrichtsräumen, im Gemeinschaftsraum und diversen Empfangs- und Besprechungszimmern.
Der Abend klang in einem salonartigen Empfangsraum mit einem gemeinsamen Glas Tee aus. Dort wurden weitere Fragen gestellt und beantwortet: Wie sieht das Jenseitsbild des Islam aus? Wie stellt sich das Gottesbild dar? Wie ist das Verhältnis zu Christen und Juden? Wie sehen die unmittelbaren Nachbarn und andere islamische Gemeinden vor Ort den exponierten Neubau? Sind gemischt konfessionelle Ehen möglich? Wie sieht der Islam die christliche Mission? Was hat es mit Ehrenmorden oder der Blutrache auf sich? Selman Duran räumte hier mit einigen Vorurteilen auf und stellte klar, dass einige Zerrbilder über den Islam verwechselt würden mit kulturellen Besonderheiten einiger östlicher Länder. So sehe der Koran, die letztverbindliche Instanz in Glaubensfragen, so etwas wie einen "Ehrenmord" nicht ansatzweise vor. Ein "Ehrenmord" sei ganz klar ein Mord wie jedes andere entsprechende Tötungsdelikt auch. Diverse Entwicklungen im Zeitgeschehen würden auch mit Sorge gesehen und nicht gut geheißen.
Insgesamt stellte der Abend eine echte Bereicherung in der interkonfessionellen Fortbildung und freundschaftlichen Annäherung dar. Es war zu spüren: Die islamische Gemeinde will kein Fremdkörper in der Stadt sein, sondern mit den nun einmal vorhandenen Andersartigkeiten ihres Glaubens respektiert werden. "Schön wäre es", so Selman Duran, "wenn ich mit einem Deutschen beim Essen zusammen bin, meine Nudeln und meine Cola genieße, und er bei seiner Schweinshaxe und einem Bier nicht bestrebt ist, die Teller zu tauschen." Ein Wunsch, der so einfach klingt, in der heutigen Zeit mit teilweise befremdlichen politischen oder populistischen Strömungen aber nicht so ohne Weiteres umzusetzen zu sein scheint. Den Teilnehmern wurde jedoch klar, dass ein friedliches und wohlgesonnenes Miteinander einfach sein kann, wenn man den Nächsten unvoreingenommen annimmt und mehr auf die Gemeinsamkeiten schaut, statt Trennendes zu suchen und scheinbar Befremdliches vorurteilhaft zu bewerten.
Der Abend klang aus mit einer wechselseitigen Einladung: Selman Duran bot an, auch weiteren kirchlichen Gruppen zur Verfügung zu stehen. Im Gegenzug wurde ihm offeriert, mit einer (Jugend-)Gruppe eine neuapostolische Kirche zu besuchen, um als "Revanche" einmal unseren Glauben bzw. eine der neuapostolischen Kirchen kennen zu lernen.
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