Am 18.11.2022 vollendet unser Glaubensbruder und Unterdiakon i.R. Helmut Meissler seinen 100ten Geburtstag. Anlässlich dieses Jubiläums hat sein Sohn Ralf Meissler mit ihm ein Interview für uns geführt.
R.M.: Lieber Helmut, du wirst heute 100 Jahre alt. D.h., du wurdest am 18.11.1922 geboren. Wo wurdest du geboren?
H.M.: Ich wurde in Trutenau geboren, ein Dorf etwa 12 km südlich von Danzig. Wir gehörten zur freien Stadt Danzig, waren also keine deutschen Staatsbürger, sondern freie Bürger Danzigs. Heute heißt die Stadt Trutowny und gehört zu Polen.
R.M.: Wie war deine Familie? Hattest du Geschwister?
H.M.: Ich bin damals schon in eine neuapostolische Familie hineingeboren worden. Mein Vater war Priester in seiner Gemeinde. Ich hatte zwei Brüder Siegfried und Otto, die leider früh verstorben sind.
R.M. In welcher Gemeinde bist du aufgewachsen?
H.M. Ich bin in der Gemeinde Danzig-Trutenau getauft und versiegelt und am 28.03.1937 auch konfirmiert worden. Dieser Ort war damals mehr ein Dorf.
R.M.: Du hast Zeit deines Lebens Musik in der Kirche gemacht. Wie hat das angefangen?
H.M.: Durch meinen Onkel Walter Ebel, bin ich an meine erste Geige gekommen und auch den ersten Unterricht erhielt ich von ihm. Mein Onkel Walter ist dann leider später in Stalingrad vermisst worden. Später konnte ich in Danzig in einem großen Streichorchester mitspielen, in dem auch der spätere Apostel Karnick mit dabei war. Dieses schöne „Hobby“ hat mich mein ganzes Leben begleitet. Leider bin ich mit meinen Händen heute nicht mehr so beweglich, so dass ich keine Geige mehr spielen kann.
R.M.: Welchen Beruf hast du erlernt?
H.M.: Ich habe in Danzig eine Ausbildung zum Bäcker und Konditor gemacht. Jeden Tag ging ich unter dem Wahrzeichen der Stadt, dem Danziger Kran Tor zur Arbeit. Besonders habe ich in Erinnerung, dass ich im Jahr 1939 aus dem Dachgeschoss der Bäckerei den Ausbruch des zweiten Weltkrieges mit dem Angriff auf die Westernplatte direkt miterlebt habe.
R.M.: Wie hast du die Kriegszeit insgesamt erlebt?
H.M.: Ich wurde selbst zur Wehrmacht eingezogen. In den Kampfhandlungen war ich mehrmals nahe dran, mein Leben zu verlieren, habe aber großen Engelschutz erlebt. Ich bin mir heute noch sicher, dass es die vielen Gebete meiner Mutter waren, die mich bewahrt haben.
Nach dem Krieg geriet ich in amerikanische Gefangenschaft, aus der ich 1946 entlassen wurde. Nach Danzig konnte ich nicht mehr zurück und kam daher nach Oer-Erkenschwick, wo schon meine Eltern sowie Onkel und Tante (Anmerkung: die Eltern des Priesters i. R. Karl-Heinz Ebel, d. Red.) nach der Vertreibung aus der Heimat lebten.
R.M. Wie entwickelte sich das Leben nach dem Krieg für dich in der neuen Heimat Oer-Erkenschwick?
H.M.: Ich verliebte mich in Eleonore, eine der vier Töchter unseres Vorstehers Evangelist Fritz Möller. Am 26.03.1948 heirateten wir standesamtlich und einen Tag später kirchlich.
Im Jahr 1950 erwarteten wir unser erstes Kind, unseren Sohn Gerd. Leider kam er tot zur Welt. 1955 wurde dann unsere Tochter Heide-Lore (Heidi) geboren und 1963 unser Sohn Ralf.
R.M.: Hast du dann auch in Oer-Erkenschwick in deinem erlernten Beruf als Bäcker gearbeitet?
H.M.: Zunächst ja. Ich habe in Erkenschwick in einer Bäckerei gearbeitet. Damals hieß das noch, mitten in der Nacht aufzustehen, um erst einmal den Backofen anzuheizen. Leider wurde die Filiale später geschlossen, so dass ich eine andere Beschäftigung suchte.
Ich fand sie ab 1954 auf dem Bergwerk "Ewald-Fortsetzung" (später Bergwerk Haard). Dort habe ich bis zur Rente als Lokführer gearbeitet und die Bergleute in die jeweiligen Abbaureviere gefahren und zu Schichtende wieder abgeholt.
R.M.: Wie war es in der Gemeinde Oer-Erkenschwick? Warst du dort aktiv?
H.M. Ja, natürlich im Bereich der Musik, insbesondere als Dirigent und Chorleiter aber auch mit meiner Geige. Insgesamt habe ich 34 Jahre den Gemeindechor geleitet.
Ich war auch als Amtsträger zum Unterdiakon ordiniert, ein Amt, welches es heute nicht mehr gibt. Dies habe ich bis zu meiner Ruhesetzung am 07.02.1991 ausgeübt.
R.M.: Wenn du die 100 Jahre zurückblickst, welche Personen haben dich besonders geprägt?
H.M.: In der Kirche war es sicher Stammapostel Walter Schmidt, der eine ganze Generation und auch mich sehr stark geprägt hat. Und auch mein Schwiegervater – Evangelist Möller- war mir zeitlebens ein großes Vorbild.
R.M.: Wie lange warst du verheiratet?
H.M. Meine Frau und ich durften unsere silberne, goldene, diamantene und sogar die eiserne Hochzeit gemeinsam erleben.
Zur eisernen Hochzeit im Jahr 2013 kam Apostel Hoyer zu uns in unsere Wohnung, um uns den Segen zu spenden. Das war für uns ein ganz besonderes Erlebnis.
Nicht lange danach, ist meine geliebte Ehefrau leider in Folge eines Schlaganfalls im Februar 2014 heimgegangen. Auch wenn es jetzt schon einige Zeit her ist, beschäftigt mich der Verlust immer noch sehr.
R.M.: Du lebst hier ein einem Seniorenheim. Fühlst du dich hier wohl?
H.M.: Seit August 2018 lebe ich hier im Matthias-Claudius-Zentrum in Oer-Erkenschwick. Ich fühle mich hier wirklich wohl und auch gut versorgt.
R.M.: Wir gratulieren dir herzlich zu deinem außerordentlichen Geburtstagsjubiläum und wünschen dir weiterhin Gottes Gnade und Segen.
Ganz herzlich möchten wir dir danken, dass du uns einen Einblick in dein Leben geschenkt hast.
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